Diese provokante Frage/dieser provokative Gedanke verlangt nach einer Antwort. Die meisten Menschen, die sich selbst oder jemand anderem diese Frage gestellt haben, antworten oft mit „Ja, ich habe mich gefragt, aber: „Ich weiß nicht, wer es gewesen wäre.“ „Mein Vater würde so etwas niemals tun.“ Ich glaube nicht.“ „Wenn ich es wäre, würde ich mich erinnern.“ Oder viele andere Variationen, die die Frage unbeantwortet lassen.

Nachdem ich in den letzten 25 Jahren mit Hunderten von Überlebenden sexuellen Missbrauchs im Heilungsprozess gearbeitet habe, lautet die Antwort auf die Frage „Haben Sie sich jemals gefragt, ob Sie sexuell missbraucht wurden?“ zu 99 % unweigerlich „Ja“. Wie kann man so sicher sein, fragen Sie sich vielleicht? Die Gewissheit liegt im Unbewussten. Im Unbewussten wird die „Wahrheit“ der Erinnerung gespeichert.

Darüber hinaus ist es die Aufgabe des Unterbewusstseins, die Erinnerung in das Bewusstsein zu übertragen. Wenn sich die Person also „fragt“, ob sie sexuell missbraucht wurde, obwohl sie keine bewusste Erinnerung hat, ist dies ein Hinweis darauf, dass das Unterbewusstsein sie weiterleitet die Informationen an das Bewusstsein weiter, damit die Wunden geheilt werden können.

Was kann man tun, wenn man sich fragt, aber kein sicheres Gedächtnis hat? Viele Menschen glauben: „Was Sie nicht wissen, wird Ihnen nicht schaden.“ Dieser Mythos hat sich über viele Jahrhunderte verbreitet und gilt für kein Thema. Aufgrund der Unschuld eines Kindes und seiner häufigen Abhängigkeit von seinem/seinem Täter ist sexueller Missbrauch nicht nur eine Verletzung seiner/ihrer körperlichen, emotionalen und spirituellen Grenzen, sondern auch eine Verletzung seines/ihres Vertrauens. Insofern ist der sexuelle Aspekt zweitrangig. Die Person, der sie ihre Unschuld anvertraute, hat, anstatt ihr Liebe zu schenken, von ihr genommen, was sie wollte, terrorisiert, verletzt, gedemütigt, kontrolliert, blamiert und ihre Wahrnehmung von sich selbst erschüttert die Beziehung zum Täter. Obwohl der Täter seine Liebe zu ihr/ihm betonte, übte er/sie eine Gewalt aus, die keiner Gewalt bedurfte. In dieser als Liebe bezeichneten Gewalt nahm er dem Kind die Möglichkeit, sich zu einem gesunden, angepassten Erwachsenen zu entwickeln. Der Täter verzichtete auf seine Verantwortung, für das Kind zu sorgen und es zu beschützen.

Dieser heimtückische Verrat beeinträchtigt das Vertrauen eines Kindes so tiefgreifend, dass der Überlebende mit aller Kraft daran arbeitet, das, was ein Geburtsrecht ist, vollständig zurückzugewinnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Angriff einmalig oder mehrfach erfolgt ist, da der Schaden sofort entsteht. Dieser Schaden ist tiefgreifend, umfassend und allgegenwärtig. Sexueller Missbrauch und Inzest beeinträchtigen jeden Aspekt der menschlichen Entwicklung. Als Folge sexuellen Missbrauchs entsteht eine seelische Verletzung: eine Verletzung, die Zeit, Bildung, Arbeit, Geld, Ehe, Kinder, Umzug oder Scheidung nicht heilen können. Eine Verletzung, die so tief verwundet und traumatisiert, dass sie mehr Lösung erfordert als das Lesen von Büchern, Selbsthilfegruppen oder die Durchführung intellektueller Analysen. Kinder oder Erwachsene, die sexuell missbraucht wurden, „verwinden“ die Verwüstung nicht wie bei Masern oder einem Virus. Ohne Genesung nach sexuellem Missbrauch tragen Millionen von erwachsenen Überlebenden sexuellen Missbrauchs/Inzests weiterhin die emotionalen Narben.

Denken Sie an Ihre Kindheit zurück. Haben Sie eine der folgenden Erinnerungen?

o eine plötzliche Angst vor bestimmten Dingen, Menschen, Orten (Badezimmer oder – z. B. dem Raum, in dem der Missbrauch stattfand)?

o unangemessene sexuelle Aktivitäten ausüben oder ungewöhnliches Interesse an sexuellen Angelegenheiten zeigen

o Wutanfälle, insbesondere wenn sie mit Besuchen an Orten oder der Interaktion mit bestimmten Menschen einhergehen?

o gewalttätiges Verhalten wie Treten, Schlagen, Beißen – die Überlebenden verspüren extreme Frustration und Wut.

o Stimmungsschwankungen, Schläge, Rückzug (missbrauchte Kinder fühlen sich oft allein, hilflos und ziehen sich in ein Schneckenhaus zurück), was in einer Depression gipfelt.

o Schwierigkeiten mit Bettnässen oder Verschmutzungen ab dem 4. Lebensjahr?

o Albträume (Monster, Verfolgungsjagden oder Schreckgespenster), Angst vor dem Zubettgehen oder Schlafwandeln?

o körperliche Symptome sexuellen Missbrauchs wie vaginale/rektale Schmerzen, Juckreiz, vaginale/rektale Blutungen (Blutflecken in Unterwäsche oder Pyjamas), Ausfluss, Rötung im Genitalbereich oder Blasen-/Niereninfektionen

o Schwierigkeiten beim Gehen oder Sitzen

o Magen- und Verdauungsprobleme

o Sie klagen häufig über grippeähnliche Symptome oder Unwohlsein

o Lustlosigkeit (wie ein Roboter, ruhig und emotionslos da sitzen und ins Leere starren, bis jemand oder etwas Sie zum „Handeln“ auffordert).

o selbstverschuldete Schmerzen (Kopfschlagen, Haareziehen, Nägelkauen, Körperschneiden/-schnitzen, häufige Unfälle (unfallanfällig)

o regressives Verhalten: Babysprache, plötzliches Anklammerverhalten

o unerklärliche Aggressivität oder Rebellion

o Einführen von Gegenständen in Genitalien/Rektum – Üben Sie sexuelles Verhalten an Puppen, Spielzeugen oder anderen Kindern aus

o Schmerzen, Kopfschmerzen und andere psychosomatische Beschwerden

o ungewöhnliches Wissen und Interesse an Sex über das Entwicklungsniveau hinaus

o Panikattacken oder Angstzustände

o Anfangsstadium einer Essstörung

o Erwachsenwerden oder sexualisiertes Verhalten zeigen (verführerisches Gehen, Flirten, Benehmen und Sprechen wie ein Erwachsener).

o Verschlechterung der Noten, Konzentrationsschwierigkeiten

o schwere Depression

o Unfähigkeit, anderen zu vertrauen

o Ausleben selbstzerstörerischer Verhaltensweisen: Alkohol- und/oder Drogenkonsum, Essstörungen

o übermäßig baden

o das Bedürfnis verspüren, geheim zu bleiben

o das Gefühl, ein tiefes, dunkles Geheimnis in sich zu tragen

o Strategien zum Schutz entwickeln, wie z. B. Schichten, weite Kleidung oder Kleidung mit Sicherheitsnadeln tragen; auf dem Boden schlafen; im Schrank, unter dem Bett oder blockiert die Tür Ihres Schlafzimmers

o Pseudoreife ausleben

o sexuell übertragbare Krankheiten

o ein dramatischer Anstieg der Häufigkeit von Masturbation oder Selbstbefriedigung bis hin zur Verletzung

o sich promiskuitiv verhalten

o ernsthafte Verwirrung hinsichtlich der sexuellen Identität

o eine Abneigung gegen das andere Geschlecht

o sexuelles Interesse an jüngeren Kindern

Haben Sie als Erwachsener unter anderem die folgenden Beschwerden erlebt?

o Wenig oder keine Erinnerung an die Kindheit – Alter 3 bis 12

o Angst- oder Panikattacken

o Magen-Darm-Erkrankungen

o Gynäkologische Erkrankungen

o Vaginal-/Gebärmutterkrebs-Frauen,

o Männer mit Hoden-/Prostatakrebs

o Häufige Kopfschmerzen (Migräne)

o Arthritis (insbesondere Hände, Beine)

o Gelenkschmerzen

o Rückenschmerzen – L3-, L4- und/oder L5-Region

o Essstörungen

o Alkohol- oder Drogenmissbrauch

o Phobien

o Depression

o Geringes Selbstwertgefühl

o ADS oder ADHS

o Selbstmordgedanken/-versuche

o Wiederkehrende Träume von Bedrohung oder Gefangenschaft

o Wiederkehrende Träume von Ratten oder Schlangen, die von ihnen gejagt werden

ein Mann/Männer oder Hunde/Monster

o Unfähigkeit zu vertrauen oder wahllos zu vertrauen

Wenn bei Ihnen eines oder mehrere dieser Symptome aufgetreten sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein Überlebender sexuellen Missbrauchs oder eines körperlichen Traumas sind, das zu den Folgen sexuellen Missbrauchs führte, außerordentlich hoch.

Was zu tun ist: Wenn Sie sich fragen oder vermuten, dass Sie sexuell missbraucht wurden, wenden Sie sich an einen Fachmann, der sich auf die Wiederherstellung von sexuellem Missbrauch/Inzest spezialisiert hat und einen Heilungsprozess für Geist, Körper und Seele anbietet. Eine Gesprächstherapie reicht nicht aus, um den emotionalen Schmerz aufzudecken und das im Unbewussten, in den Muskeln und im Gewebe eingeschlossene Trauma zu heilen. Darüber hinaus beinhaltet die Gesprächstherapie selten spirituelle Heilung, also die Heilung von Seelenverletzungen. Um die Tiefe dieses Schmerzes vollständig zu verstehen, zitiere ich einen meiner Klienten: „Sogar mein Blut tut weh.“ Ein vielschichtiger Heilungsprozess für Geist, Körper und Seele, der sich speziell auf die Genesung von sexuellem Missbrauch und sorgfältige Arbeit konzentriert, ist der effektivste Prozess. wobei der Überlebende seine emotionale, physische und spirituelle Identität und Ermächtigung wieder auffüllen kann.

Source by Dorothy M. Neddermeyer, PhD

Autor*in des Beitrages

Gastbeitraege

Als Autor/in ist es wichtig, sich mit aktuellen Themen und Entwicklungen auseinanderzusetzen und eigene Gedanken und Ideen dazu zu formulieren. Die Texte, die in der Rubrik "Gastbeiträge" verfasst sind, sollen dabei eine Ergänzung zu bestehenden Themen darstellen und dem Leser/die Leserin neue Perspektiven oder Informationen zu einem bestimmten Thema bieten.

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